Heike schreckte aus ihrem Traum hoch. Irgendetwas hatte sie im Schlaf gestört. Ein unbekanntes Geräusch ließ sie aufhorchen. Gespannt lauschte sie in die Stille. Sie hörte ein leises Knarren auf dem Holzfußboden im Nebenzimmer. Schlurfende, schwere Schritte. Mit einem Ruck saß Heike senkrecht im Bett und horchte angestrengt in die Dunkelheit. Regelmäßig und laut tickte jede Minute auf dem Wecker. Heike hielt den Atem an. Im anderen Zimmer war es mucksmäuschenstill. Angst breitete sich aus. Erst gestern hatte Heike einen Bericht über Einbrecher in ihrer Wohngegend gelesen, die zur Weihnachtszeit in die Häuser einstiegen. Schreckliche Szenen spielten sich in ihrer Fantasie ab. Plötzlich polterte es laut. Gewiss wurden gerade ihre Schränke durchsucht. Heikes Angst wurde größer. Sie zitterte und kalter Schweiß lief ihren Rücken hinunter. Das Nachthemd klebte am Körper. Ihr Herz schlug so heftig das sie fast ihren Herzschlag hörte. Mit einer Hand tastete sie vorsichtig auf das Nebenbett, um ihren Mann Bernd zu wecken. Sie griff ins Leere. Mit Sicherheit würde Bernd, anstatt zu schlafen, oben im Haus Büroarbeiten erledigen. Wie so oft in den vergangenen Nächten. Schleppend knarrten nebenan die Schranktüren. Verzweifelt krallte Heike die Finger in ihre Bettdecke und zog diese bis zum Kinn hoch. Um nicht laut los zu schreien, biss sie sich vor Panik auf die Finger. Papierrascheln! Heikes brennendes Gefühl im Magen verstärkte sich. Ihre Luft wurde knapp. Die Zunge klebte am Gaumen.
Heike bemühte sich die Angst zu bezwingen und versuchte nachzudenken. Wenn wirklich Einbrecher im Hause wären, hätte Bernd doch sicherlich auch schon etwas gehört. Vorsichtig schlug sie die Bettdecke zur Seite, setzte die Füße leise auf den Teppich, um möglichst keine Geräusche zu machen. Mit vor Angst weichen Knien tastete Heike sich zur Tür. Sachte drückte sie den Türgriff und trat ins dunkle Nebenzimmer. Vor dem Fenster sah sie im fahlen Mondlicht eine Gestalt. Mit zittrigen Fingern fühlte sie den Lichtschalter. Blitzartig erstrahlte die Deckenleuchte. Ein spitzer Schrei. Heike blinzelte die Gestalt an. Im hellen Licht stand ihr Ehemann Bernd mit einem kleinen Päckchen in der Hand. Heike fasste sich an die Brust:“ Habe ich mich jetzt erschrocken. Ich dachte es wären Einbrecher am Werk. Was machst du hier mitten in der Nacht?“ Bernd stellte das Päckchen auf dem Schrank ab:“ Ach, du Dummchen. Ich wollte doch nur dein Nikolausgeschenk verstecken. Schade, nun hast du mich überrascht.“ Heike fiel ein Stein vom Herzen. Sie konnte kaum ein Wort sagen und lachte über das ganze Gesicht. Ihr Herzschlag beruhigte sich langsam. Bernd breitete die Arme aus und sagte: „Komm her, ich wünsche dir einen schönen Nikolaustag und alles Liebe.“ Erleichtert schmiegte Heike sich in seine Arme. Alle Ängste fielen von ihr ab. Die Wangen röteten sich und ihre Augen strahlten. Ihr wurde warm ums Herz. „Schade,“ dachte sie,“ nun habe ich mit meiner übertriebenen Ängstlichkeit Bernds Überraschung für mich verdorben.“