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Mord im Paradies

„Wir besitzen ein echtes, kleines Paradies! Ich finde es fantastisch, dass wir uns kennengelernt haben und diesen schönen, landwirtschaftlichen Betrieb gemeinsam aufbauen konnten. Zusammen haben wir es geschafft." Joachim drückt mit der Mistgabel resolut altes Streu aus der Pferdebox.
Verlegen schaut Gaby ihren Mann an. Ihr Blick schweift durch den Stall. Betreten betrachtet sie ihre Schuhe, schiebt mit der Fußspitze Stroh zur Seite. Ihr Herz schlägt bis zum Hals. Sie sucht nach Worten und setzt mehrmals zum Gespräch an. Schweiß steht ihr auf der Stirn. Ihr wird schwindelig.
Aus den Augenwinkeln heraus beobachtet Joachim zornig seine Frau: „Wenn sie jetzt wieder erzählt, sie müsse dringend zu irgendeiner Sitzung der Landfrauen, weiß ich nicht mehr, was passiert.“ Mit aufflammender Erregung spießt er energisch das Stroh auf die scharfen Zinken. Insgeheim hofft er, dass ihre ewigen Behauptungen nur ein böser Traum sind.
Er ahnt es schon lange. Es gibt einen anderen Mann in Gabys Leben. Aus heiterem Himmel hat sie ständig Termine. Angeblich Treffen mit anderen Landfrauen. Obendrein die abendlichen, seltsamen Anrufe. Gabys fadenscheinige, ewigen Erklärungen. Sie war nie eine gute Lügnerin und nun setzt sie alles aufs Spiel.
Am Anfang reagierte Joachim sprachlos, traurig, verletzt. Ihr Paradies bröckelte. "Diese Affäre muss Gaby sofort beenden, ohne Wenn und Aber. Sonst kann ich für nichts garantieren."
„Du, was ich dir noch sagen wollte, “ stammelt Gaby unsicher und beißt sich auf die Lippe, “ soeben hat Monika angerufen.“
"Ja?“ Joachim atmet schnaubend durch. Er kocht vor Wut. Seine Augen flackern bedrohlich eisig. In blinder Wut umfasst er rigoros den Griff der Heugabel.
„Heute Abend ist wieder eine Sitzung, in der Stadt, wegen des aktuellen Herbstfestes“, erwidert Gaby und fixiert die Stallwand.
Die wuchtige Heugabel findet sicher ihren Weg. Im Zorn, rasend vor Eifersucht sticht Joachim gnadenlos mit aller Kraft zu. Die Zinken bohren sich fast ohne Widerstand in Gabys Rumpf. Blass, mit weit aufgerissenen Augen schaut sie ihren Ehemann erstaunt an. Ihr Mund steht, wie zum Schrei bereit, ein wenig offen. Mit verzerrter Miene starrt Joachim ihr kalt ins Gesicht:" Du musst das verstehen. Unser Paradies, unser Glück. Alles vorbei! Warum hast du es ohne Rücksicht zerstört?“
Fuchsteufelswild zieht Joachim mit einem Ruck die Heugabel zurück. Unerbittlich rammt er die Zinken erneut in Gabys Oberkörper. Sie wehrt sich nicht, geht schwerfällig zu Boden, fällt auf den Rücken ins Stroh. Unter ihrem Pulli bilden sich dunkle Flecken, breiten sich aus und treten durch das Gewebe an die Oberfläche. Wie kleine Fontänen spritzt ihr Blut in die Höhe. Gabys gerade noch glänzenden Augen werden glasig und starr. Ein Blutrinnsal läuft ihr über das zarte Kinn, schlängelt sich am Hals herunter und verschwindet in ihren Haaren.
„Da sind noch Halme an den Zinken“, denkt Joachim und reißt hemmungslos die Heugabel aus Gabys Körper.
Eiskalt und nüchtern jagt ihn nur ein Gedanke durch den Kopf. Irgendwie muss er die Leiche seiner Frau beseitigen. Am Nachmittag will er den letzten Mais ernten und zerhäckseln. Die Schweine im Stall, deutsche Edelrasse, Gabys Lieblinge, haben gewiss mächtig Hunger. Mit Sicherheit wird sich die Rotte über eine üppige Blutmahlzeit freuen.
Joachim schleift seine treulose Ehefrau die Stallgasse hinunter, quer über den Hof zum nahen Maisfeld. Gaby hinterlässt eine schmierige Blutspur auf dem Beton, auf dem Hofpflaster, am Feldrand. Was für eine Mordssauerei. Mit Grauen denkt Joachim an die Beseitigung der Spuren. Das wird heute ein langer Tag. Er ist es gewohnt, nach getaner Arbeit, den Arbeitsplatz peinlich sauber zu verlassen.
Der neue Maishäcksler, Joachims ganzer Stolz, steht bereit. Gleich wird er sehen, wie gut das Häckselwerk arbeitet. Zusammen mit Maiskolben vermischt, gibt es Häckselgut vom Feinsten. Joachim zupft die Strohreste von Gabys Kleidung. In aller Ruhe beginnt er den geschändeten Körper zu entblößen.“ Ein reizvoller Körper… trotz ihres Alters, “ überlegt er anerkennend. "Selber Schuld, das hat sie jetzt davon!"
Der Maishäcksler springt sofort an. Das Häckselwerk packt krachend wie ein Gebiss zu, zieht Gaby rasch in die Häckselkammer. Im Handumdrehen erfasst das Mähwerk die letzten Reihen Mais und vermischt alles zu einer blutigen Schrotmahlzeit.
Joachim sitzt in der wärmenden Abendsonne vor dem Stall: „Was für ein reizvoller Herbstabend. Wie im Paradies.“ Das gefüllte Bierglas funkelt mit der Abendsonne um die Wette. Joachim hört den Wind in der mächtigen Kastanie sanft flüstern. Schmatzende Geräusche klingen aus den Schweineboxen. Er lehnt sich ans Scheunentor und genießt den Abendfrieden.
Gabys Abwesenheit vermisst er kaum. „Sie wollte doch in die Stadt“, überlegt er, "bestimmt hat sie sich, in der Tat, für ein anderes Leben entschieden."
„Herbstlaune – Abschiedswetter“, stellt Joachim fest und schenkt sich ein Glas Bier nach.

Edith Jürgens

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