Neulich stand folgende Meldung in meiner äußerst seriösen Tageszeitung: In Großbritannien verletzte sich Starkoch Gordon Ramsay beim Kochen ein gewisses Körperteil zur Fortpflanzung. Es befindet sich, bei einem gutem Körperbau, circa zweiundzwanzig Zentimeter unter dem männlichen Bauchnabel. Dieses Arbeitsgerät hat eigentlich nichts mit dem herkömmlichen Kochvorgang zu tun. Die Zeitung berichtete: Der Starkoch stand eine Idee zu nah am Herd und spürte irgendwann eine gewaltige Hitze an seinem Patengeschenk. Eigenen Angaben zur Folge trug der Gastronom bei dem Vorfall keine Unterwäsche, sondern lediglich ein dünnes Baumwollhöschen. Die Verbrennung seines...na, Sie wissen schon, soll bei dem jungen Mann zu heftigen Schmerzen geführt haben. Bei der Behandlung im Krankenhaus wurde an der betroffenen Körperstelle eine Ultraschalluntersuchung vorgenommen. Aufgrund meines einst erlernten Berufes hätte ich gerne an der Veranstaltung teilgenommen. Logischerweise nur an der Untersuchung. Womit wir zum eigentlichen Thema "Kochen" kommen.
So ein Missgeschick, wie es dem oben erwähnten Starkoch widerfuhr, kann mir nicht passieren. Erstens kann ich genanntes Arbeitsgerät wohl kaum vorweisen. Zweitens stehe ich nie so nah am Herd. Ehrlich gesagt, stehe ich überhaupt nicht am Herd. Denn in Töpfen rühren und nerviges Tellergeklapper gehören keineswegs zu meinen Lieblingsbeschäftigungen.
Natürlich kann ich, ohne mit der Wimper zu zucken, Obst und Gemüse in jeden gewünschten Aggregatzustand versetzen. Sprichwörtlich relativ fest, flüssig, geliert, frittiert, vitamingeschwängert. Auf Wunsch in Pulverform, als runde Kugel, als Membran, als süßen Schaum. Kühn oder kreativ dekoriert. Ich bin die Dame für die perfekte Resteverwertung. Bin im Stande den Schneebesen schwungvoll cholesterinreduziert zu schlagen. Hefewürfel werden dazu gebracht, sich zu wahren fettarmen Bergen aufzutürmen. Bekanntlich beherrscht ein guter Koch strenggenommen keine Rezepte, sondern ist on Top in der Biochemie. Ich jedoch liebe die älteste Kulturtechnik des Kochens genauso wie das elendige Hemdenbügeln, das Schrubben der Fußböden oder Klo putzen. Da meine Eltern mächtig waren, entschieden sie meinen beruflichen Werdegang. Ein ordentliches Mädchen besucht zuerst die Haushaltungsschule, zärtlich Knödelakademie genannt. Hier erlernt Mann/Frau am Anfang, genau wie der Homo erectus vor ungefähr fünfhunderttausend Jahren, das Feuer zu beherrschen. Anschließend Flüssigkeiten bis zum Siedepunkt zu erhitzen. Ein vollständiges, für mich verschwendetes Jahr, wurden Zellgewebe gelockert, Eiweiße zum Gerinnen gebracht, Bindegewebe gelantiert, Fette verflüssigt, Mineralien freigelegt, Geschmacksstoffe mehr oder weniger gebildet.
Was hat die lückenlose Schinderei gebracht? Nichts. Absolut nichts. Jedenfalls war bei mir in Sachen Kochen alle Mühe umsonst. Ich stehe eben total auf das "Ping" meiner Mikrowelle. Nun, Sie haben Recht. Ich sehe nicht gerade unterernährt aus. Falls Sie sich fragen, wie kommt die Dame trotzdem zu ihren nötigen Vitaminschub? Woher kramt sie die belastenden Ballaststoffe? Ganz einfach. Zu meiner Freude mögen mich viele Freundinnen, die gerne ihre hervorragenden Kochkünste unter Beweis stellen.
Rote-Beete-Rauke mit Salami-Grissini Berliner Art - kein Problem für Freundin Irene. Gurken-Couscous mit Gorgonzolagarnitur - eine Spezialität von Freundin Uschi. Kartoffel-Lauch-Suppe mit Pfifferlingen kocht Heidy fast mit geschlossenen Augen.
Diese leckeren Gerichte kann ich kaum aussprechen, geschweige denn zubereiten. Der Verzehr von Lebensmitteln spielt in meiner Ernährung trotz allen eine wichtige Rolle. Die Bevorratung im Kühlschrank ist abwechslungsreich und ausgewogen. Klappt es einmal nicht mit einer Ernährungseinladung, serviere ich Spiegeleier auf Stulle, Stulle mit Spiegeleiern. Salat in allen Variationen oder beiße in einen saftigen Apfel.
Schaltet die adipöse Unterschicht nach Feierabend, mit einer Fertigpizza auf dem Schoß, den Fernseher an, öffnen sich Abgründe. Auf jedem Sender rührt, hantiert, schneidet ein weiß bekittelter Starkoch bis zum Siedepunkt in den Töpfen. Die Küche, ein Schauplatz bürgerlicher Tugend. Auf Kanal eins wirft ein lateinamerikanischer Hüpfball im weißen T-Shirt vegetarische Zutaten, die ich mir nicht merken kann, in die Kasserolle. Umgeben von staunenden Mitbrutzlern in großer Ahnungslosigkeit, erklärt der Hüpfball die unterschiedlichen Rührvorgänge. Begleitet diese mit schwer zu verstehenden, schmatzenden Geräuschen: Atemberaubend, supertoll, brillant. Später werden Koteletts paniert und blasenschlagend abgebacken. Zweiter TV - Kanal: Spagetti sind gebügelt und Klöße in Omas Geschirrhandtücher gedreht. Eine asiatische Damencombo schnippelt Lebensmittel stäbchenklein. Wirft diese in brodelndes Fett, mitten in eine kugelige Pfanne. Auf dem Herd lodert ein halbes Lagerfeuer. Die Zuschauer gehen mit Ah und Oh in Deckung. In diesem Augenblick lernt die Hausfrau, wie man angestaute Energie kanalisiert und chinesischen Feuertopf in Möhren-Thunfischsalat zu bereitet.
Dritter Sender: Unmengen von Kohlköpfen werden abgepellt und angebrannt. Mit dem Zwiebelhacker zerkleinert und nebenbei in den Topf gepresst. Nach dem Abwasch darf man die verblüfften Zuschauer mit delikaten Häppchen füttern.
Wie verhält es sich eigentlich mit der Hausfrauenemanzipation an der TV-Kochplatte? Die überwiegende Anzahl der gezeigten Bratpfannenhelden ist männlich. Kein Wunder, denn schon der griechische Historiker Herodot von Halikarnassos, geboren um 484 v. Chr., war der erste männliche Held am Feuer. Seine Methode Fleisch zu garen: " Dem gehäuteten Tier wird das Fleisch von den Knochen gelöst und in den Kessel geworfen. Falls ein solcher zur Stelle ist. Ist kein Kessel zur Stelle, wird das ganze Fleisch in den Magen des Tieres gesteckt, Wasser hin zugegossen und Mithilfe der Knochen gelöst. Die Knochen brennen sehr gut und der Magen nimmt bequem das von den Knochen gelöste Fleisch auf. So kocht also das Rind, oder was es sonst für ein Tier ist, sich selbst."
So ist das mit der Kocherei. Gewiss nicht, wie uns diverse Sender in täglich fünfeinhalb Stunden gerne die Nahrungsaufnahme näherbringen möchten. Da jedes Kilo das Gesundheitssystem belastet, wird in der Politik rege diskutiert, ob Kochsendungen eingeschränkt oder teilweise sogar verboten werden. Gewissermaßen als Beitrag zum Jugendschutz. Langsam, aber sicher werden die Kochshows von den Sendeanstalten abgesetzt. Schlechte Einschaltquoten. So einfach ist das. Nur zweihunderttausend Feinschmeckerprofis locken die exotischen Gerichte der Schmurgelkurse vor die Glotze.
Gerade empfinde ich unangenehme körperliche Vorgänge in meiner Magengegend. Es wird Zeit, den Organismus mit Nährstoffen und Energie zu versorgen. Mal schauen, was es heute bei meinem Mietkoch, sprich meiner besten Freundin mit der Zwei-Sterne-Küche zu genießen gibt.
Na denn! Guten Appetit und denken Sie daran: Eine Portion Biss zahlt sich immer aus.