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Frühjahrsputz

Die Sonne, die traut sich etwas. Nämlich herrlich zu scheinen. Auf diese Welt. Auf die Häuser. In den Garten. Auf meine Terrasse. Auf meine Blumen und durch meine Fenster. Sie versucht es jedenfalls.
Schaue ich von innen nach außen, sehe ich plötzlich gar nichts mehr. Entweder zieht Küstennebel auf oder meine Fenster sind leicht ergraut bis schmutzig.
Die Wohnung im Dämmerlicht. Was sagt das einer fleißigen Hausfrau?
Frühjahrsputz ist angesagt!
Das weckt ungeheure Kraft in mir, in meinem Schrubber und meinem Meister. Na, der aus der Flasche. Sie wissen schon! Einfach nur die Fenster putzen ist nicht drin. Da kann ich doch gleich mit Eimer, Wischmop, Besen und Staubsauger bewaffnet alle Räumlichkeiten von oben nach unten schrubben. Solange bis der Arzt kommt. Immerhin verbrauche ich tausendfünfhundert Kalorien beim Staubsaugen und zweihundert Kalorien beim Bad putzen. Das ist doch schon mal etwas und pflegt gleichzeitig die Figur.
Wen haben wir eigentlich diese Putzwut zu verdanken? Den Kelten natürlich. Die putzten zum Lichterfest ihre Hütten, um so innere Reinheit zu gewinnen.
Na, denn man los!
Da eine Mannschaft nur gewinnen kann, wenn der Einzelne Sinn für die Gemeinschaft hat, nimmt die ganze Familie an der kollektiven Putzaktion teil. Das fördert den Spaß, jede Menge Dreck aus den Ecken und ist praktischer Umweltschutz. Mein Schatz wird ebenfalls vom Frühjahrsputzfieber angesteckt. Wahrscheinlich hält er die, im Schrubberwahn putzende Dame, im Haus nicht mehr aus. Er verzieht sich in die Werkstatt und räumt Aufbewahrtes, Hammer, Nägel, Schraubenzieher von links nach rechts. Anschließend mäht er den Rasen auf neun Millimeter Länge. Sucht fix systematisch den Hof nach Blättern ab und fegt zwölf davon schnittig zum Nachbarn.
Mit meinem Arbeitsgerät aus breiter Bürste und langem Stiel, arbeite ich mich durch die Räume. Schön so ein Schrubber. Damit lässt sich mit besonders harten Bürsten und viel Wasser herrlicher Schaum schlagen. Flott um das Bürstenteil ein Wischlappen gewickelt, ordentlich getränkt und kreuz und quer über das Inventar. Ich fühle mich wie ein Stabsunteroffizier beim Stubendurchgang.
Erstaunlich, was man so alles wieder findet während einer solchen Putzaktion!
Die Theaterkarten vom letzten Jahr. Wie kommen die eigentlich in die hinterste Ecke meines Kleiderschrankes?
Wer trinkt in dieser Familie so viel Wasser, Bier und Saft? Beköstige ich hier Kamele oder wo kommt das ganze Leergut her?
Ich sammle alle Flaschen tapfer zusammen und denke gleichzeitig: „Wer hat eigentlich die diversen Klamottenbibeln und Zeitungen aufgeschont!“ Befindet sich im meinem Haushaltsraum eine Altpapierdeponie oder kompensiert hier irgendjemand seine unerfüllten Wünsche?
Und ich sage noch: Alles Jäger und Sammler unter uns. Vereinzelte Mitglieder der Familie bringen noch schnell eine Kategorie von Dingen vor der putzwütigen Schrubberdame in Sicherheit. Sammeln als Hobby, oder was? Dinge, die man irgendwann vielleicht einmal gebrauchen kann. Oder die ich beim nächsten Frühjahrsputz entsorgen darf.

Wir Deutschen sind ja als sauberes Volk bekannt. Hat meine Mutter jedenfalls behauptet. Eine saubere Dame schüttelte jüngst in Kassel einmal in der Woche ihre Badematte aus. Hiermit störte sie jedoch die friedliche Nachbarschaft, und der nette Herr aus der unteren Wohnung zog vor Gericht. Der Staub von oben, lasse seine Blumen verdorren. Das Gerichtsurteil: Die Badematte darf weiter ausgeschüttelt werden. So siegten Sauberkeit und Toleranz. Wie in meiner Familie.
Und falls der Haushalt einmal so blitzsauber ist, dass wir nichts mehr zu putzen haben, erfreuen wir uns, an der Erfindung der Bundesanstalt für Materialforschung.
Diese Firma produziert nämlich perfekt nachgemachten Staub aus Kokosfasern. Gesundheitlich völlig unbedenklich, da Schimmelpilze und Bakterien fehlen. Diese können sich ja noch nachbilden, falls wir den Schmutz so ungefähr ein Jahr in den Ecken gären lassen. Das Kilo deutscher Haushaltsstaub kostet nur hundertdreißig Euro. Für Koreaner oder Japaner exportiert die oben genannte Bundesanstalt den Staub fast kostenfrei. Da soll noch einmal jemand behaupten, die Deutschen hätten keine Phantasie.

Auch der aufregendste Putztag neigt sich zum Ende. Alles blitzt und ist spiegelblank. Alles? Nein, nicht alles.
Ein Wesen in Putzklamotten, völlig kaputt mit wirrem Haar, so eine richtige Schlubbergurke, sitzt erschöpft zwischen Putzeimer und Schrubber. Sie passt irgendwie nicht mehr zur blitzenden Wohnung.
Wie sehe ich denn aus? Morgen beginnt die Schönheitspflege am eigenen Körper. Frisör, Diät, neue Bekleidung, neues Lebensglück. Eins weiß ich genau: Ab heute wird jeden Tag der Schrubber geschwungen, Papier- und Leergut pünktlich entsorgt, die Werkstatt aufgeräumt, der Rasen gemäht und alle helfen fleißig mit.
Wetten das?

Edith Jürgens

Hauptstraße 61 b
06502 Thale - OT Friedrichsbrunn

 

Tel.: +49 (0) 39487 / 74 54 97
E-Mail: edith.juergens[a]gmx.net