Ich liebe sie. Ich liebe sie wirklich alle. Alle erfundenen Paybackpunktekarten, Happy Points, Cash Cards, Smartcards oder auch Bonus & Clubcards. Ich liebe dieses Plastikkartenzeitalter.
Egal an welcher Kasse ich stehe, um die erworbenen Waren zu bezahlen, immer sprudelt mir die spezifische Frage von den Kassenmädels entgegen:“ Haben Sie Ihre Kundenkarte dabei?“
Nicht etwa die Frage:“ Haben Sie heute ein bisschen Kleingeld dabei, um alles zu bezahlen?“
Nein, ständig die Frage nach einer Kundenbonuskarte. Ich mochte Kartenspiele noch nie, da meine Schwester früher bei „Mau-Mau“ ständig schummelte. Aber das ist eine andere Geschichte.
Neulich, wieder so eine blaubekittelte Dame in meinem Lieblingssupermarkt. Aber diese war auf Diskussionen aus. Ich liebe Diskussionen an der Kasse fast so wie Unterhosen bügeln.
Dialog:
Blaue Dame:“ Bitte Ihre Kundenkarte!“
Edith, also ich:“ Habe ich nicht!“
Blaue Dame, etwas erstaunt:“ Warum besitzen Sie keine Bonuskarte von uns!?“
Edith, also wieder ich:“ Habe eben keine. Was muss ich bezahlen?“
Blaue Dame, freundlich: “Mit unserer Kundenkarte bekämen Sie nun 3% Rabatt Kundentreuebelohnung.“
Edith, immer noch ich. Allerdings schon leicht angegriffen und etwas lauter:“ Schön! Wie ich bereits erwähnte, bezahle ich heute die volle Summe. Ich habe nämlich meinen sozialen Tag!“
Aber nicht mehr lange, grummel, grummel. Die Kundenschlange hinter mir wird länger. Ich überlege, ob ich Kekse anbiete oder einen Witz erzähle.
Blaue Dame, nun einsichtig:“ Da Sie keine Kundenkarte besitzen, bekomme ich die volle Summe von 35,40 Euro.“
Na bitte, geht doch. Ich bezahle ohne Rabatt bar und wünsche erleichtert einen schönen Tag. Und das war der kardinale Fehler. Ruft die blaue Einzelhandelskauffrau mir doch glatt hinterher:“ Nächste Woche gibt es 5% Rabatt auf Ihrer Kundenkarte“.
Nächste Woche, liebes Kind, wechsle ich den Supermarkt!
Ach, da fällt mir auf dem Nachhauseweg noch der Getränkemarkt ins Auge. Da Selterwasser und Brause ausgetrunken sind, halte ich an. Schnell aufgeladen, ran an die Kasse und nun… Sie ahnen es!
“ Nennen Sie mir bitte Ihre Postleitzahl!“
Wieso ist meine Getränkeauswahl abhängig von meiner Postleitzahl? Dörfer mit Post Code 06 kaufen nur stilles Wasser, oder was?
Mir wird ans Ohr gesäuselt:“ Ist Ihre Postleitzahl heute aktuell, gibt es 4% Bonus!“
Also gut, ich werde weich und leiere:“ 06502“ und kann ich nun endlich diese Getränke käuflich erwerben?“
„Leider ist Ihre Postleitzahl heute nicht aktuell“, lispelt die Getränkedame, “ versuchen Sie es morgen mit Ihrem Geburtsdatum. Dann gilt: Nimm` drei, zahl zwei!“
Ich knalle, aus einem seltsamen Impuls heraus, die Getränkekisten auf den
Boden: „Wissen Sie was, junge Frau, trinken Sie ihre Sachen doch allein. Mit oder ohne Ihrer Postleitzahl!“
Heute besuche ich einen Elektromarkt, zwecks Einkaufs eines Haarfönes. Mein „Alter“ meinte er müsste durchbrennen.
Durchbrennen könnte ich spätestens an der Kasse. Da ich, auch noch in meinem Alter sehr lernfähig bin und von Haus aus eine nette Dame, rufe ich schon von weiten laut und deutlich der Kassenfee zu: “Keine Pay – Back - Karte“!
Ist ja nur vonwegen der Arbeitserleichterung.
Die Kassendame, ebenfalls im besten Alter – allerdings nicht mehr im allerbesten Alter - hat anscheinend ihr Hörgerät auf „Null“ gestellt. Sie nennt trotzdem den Rabatt und säuselt „Paii – Beeck – Karte“?
Edith scharrt mit den Füßen:“ Fräulein, geben Sie mir bitte umgehend Bescheid, wenn Sie ihre Pay - Back – Aktion mit Rückvergütung einstellen“!
„Warum“?
„Dann werde ich ihr Etablissement eventuell wieder betreten“!
„Mit Paii – Beeck- Karte hätten sie einen Kredit in Anspruch nehmen können, mit null Prozent Zinsen in zwölf Monaten“!
„Hä... einen Fön für 15.90 Euro, geteilt durch zwölf Monate, macht nach Adam Riese und Eva Zwerg ungefähr 1.33 Euro im Monat. Also wirklich! Während dieser Abrechungsperiode ist „er“ bestimmt wieder durchgebrannt.
Tanken. Ich muss dringend tanken fahren, sonst streikt spätestens an der nächsten Kreuzung mein Auto. Sie ahnen es, was diesen Tankvorgang zum Erlebnis werden lässt. Drei Meter von der Kasse entfernt, schallt mir der fröhliche Tankwart entgegen:“ Zahlen Sie bar oder mit Karte? Haben Sie eine Partnerschaftskarte für vier Personen oder eine 40 - Punkte Karte bei 400 Liter Benzinverbrauch im Jahr?“
Nein, nichts dergleichen, “ antworte ich lässig, “ heute wollte ich einmal die Rechnung abarbeiten. Wie wäre es mit Autowaschen rund um die Uhr? Und wenn Sie mir nun nicht sofort mein Geld abnehmen, lasse ich meine alte Karre hier stehen!“
Oder das Bonussystem meines Weinhändlers. Große Klasse. Strategisch gut durchdacht und aufgebaut. Um dieses Rabattsystem zu durchschauen, sollte „Frau“ sehr trinkfest sein. By the way… ich bin es nicht!
Bestellen Sie am 01.01.2020 24 Flaschen a` 9.16 Euro, also eigentlich 220 Euro und am 20.02.2020 24 Flaschen a` 6.25 Euro, also nach meinem alten Mathelehrer für 150 Euro, dann am 25.04.2020 10 Flaschen a` 24 Euro, zusammen 240 Euro, als Krönung am 20.06.2020 erneut 24 Flaschen a` 3.33 Euro, macht 80 Euro, erhalten Sie nach erteilter Gutschrift die Umsätze aus der Berechung als Bonus, mit der nächsten Bestellung.
Hicks…Tschuldigung, alles klar?
Nach diesem Bonusweinkonsum verfolgen mich abends zwanghafte Überlegungen vor dem Zubettgehen: Über 900.000 Verbraucherfamilien lieben ihre Bonuskarten und Mengenrabattsysteme. Warum eigentlich ich nicht!?
Und warum führt man eigentlich keine Rabattkarten auf öffentlichen Toiletten ein. Dreimal „Pipi“ machen, eine Rolle Toilettenpapier umsonst. Oder der sonntägliche Gottesdienst. Fünf Besuche der heiligen Hallen macht drei Prozent Rabatt beim Kauf eines Gesangbuches.
Ebenfalls könnten unsere heimischen Verkehrsbehörden kreative Rabattsysteme einführen. Mit einer Sündenbonuskarte. Das Bußgeld kann gleich monatlich vom Konto abgebucht werden. So erreicht man eine langfristige Kundenbindung. Jugendliche büßen natürlich auf der Bonuskarte der Eltern. Schaffen Sie es fünfmal eine rote Ampel zu überfahren, bekommen sie mindestens 50 Bonuspunkte, dürfen dann aber einmal umsonst über die rote Ampel düsen.
Das wären doch einmal Geschäftsideen.
Ja, ich darf es behaupten. Ich fühle mich verfolgt von den Rabattsystemen, Extraprämien, Club-Karten, Happy Digits und Edecards. Ist ja auch nicht unbedingt etwas Neues. Das gab es schon in den fünfziger Jahren. Ja, so alt bin ich schon! Ich habe noch fleißig für Mutti die Rabattmarken ins Heftchen geklebt.
Natürlich finde ich es auch nett, einmal 5 Euro weniger zu bezahlen. Aber warum ist Rabatt fast immer abhängig von meiner Postleitzahl, Telefonnummer, Versicherungsnummer oder Wäschegröße?
Übrigens… Sie bekommen fünf Prozent Rabatt bei Weiterempfehlung dieser Geschichte.